13/02/2023

COVID-19 Vakzin: 7 Learnings für Agiles Arbeiten

Autor: David Wildt

Frau im Labor mit Spritze in der Hand

Als Anfang 2020 die Zahl der Corona-Todesfälle rasant anstieg, stand die Forschung unter hohem Druck, so schnell wie möglich einen Impfstoff gegen COVID-19 zu entwickeln. In diesem Fall war die Dauer der Impfstoffentwicklung entscheidend. Um zu einem schnellen Ergebnis zu kommen, mussten neue Arbeitsweisen und regulatorische Verfahren angewendet werden. Nach weniger als einem Jahr wurden schließlich die ersten Impfstoffdosen gegen das Coronavirus verabreicht – und das dank agiler Prozesse.

Besonders in der Softwareentwicklung, aber auch in anderen Unternehmensbereichen sind agile Methoden mittlerweile zu einem zentralen Denk- und Handlungsansatz geworden. Wie zielführend agiles Arbeiten tatsächlich sein kann, zeigt der schnelle Erfolg der Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe.  

Der typische Zeitplan der Impfstoffentwicklung 

Die Entwicklung von Impfstoffen ist ein hochkomplexer Prozess und es dauert oft Jahre, bis ein Präparat zur Markteinführung freigegeben wird. Jede Impfstoffentwicklung durchläuft verschiedene Phasen, den „Lebenszyklus der Impfstoffentwicklung“. Bevor man zur nächsten Phase übergehen kann, muss die vorherige erst final abgeschlossen sein. Erst nach der dritten Testphase und der behördlichen Zulassung werden die Produktionskapazitäten aufgestockt. Bei Impfstoffen allerdings, bei denen die Zeit eine entscheidende Rolle spielt, ist die traditionelle Methode zwar genau, aber nicht effizient genug. 

Der traditionelle Ansatz ähnelt der sequenziellen Methode 

Die Analyse des traditionellen Impfstoffentwicklungsansatzes zeigt Ähnlichkeiten mit dem, was Projektmanager als sequenzielle Softwareentwicklungsmethode kennen. In einem sequenziellen Prozess folgt jede Phase erst nach Abschluss der anderen. Der letzte Schritt, das Testen und die Bereitstellung, erfolgt oft erst Monate oder Jahre nach der ersten Analyse. Dieser sequenzielle Ansatz ist eine langsame Methode und war für die Entwicklung des Impfstoffs COVID-19 nicht praktikabel.  

Aber wie ist es den Pharmaunternehmen gelungen, einen Impfstoff so schnell zu entwickeln – ohne die Qualität und Sicherheit zu vernachlässigen? Und was können wir daraus lernen? 

  1. Lösungsorientiertes und fokussiertes Arbeiten: Finanziert von Einrichtungen wie der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), konzentrierten sich Forschende weltweit ausschließlich auf die Suche nach einer Lösung. Alle Ressourcen konzentrierten sich auf die Entwicklung des Impfstoffes.
  2. Vorhandenes Wissen: Es stellte sich heraus, dass COVID-19 mit den Virusvarianten SARS und MERS vergleichbar ist. Wissenschaftler*innen konnten deshalb an vorhandenes Wissen anknüpfen und den Arbeitsprozess dadurch beschleunigen.
  3. Agiles Arbeiten: In jeder Phase wurde ein inkrementeller und iterativer Entwicklungsprozess durchgeführt. Insbesondere die Entwicklung, Bewertung und Zulassungsphase profitierten von einem effektiven Projektmanagement.
  4. Ausreichende Daten: Die gesamte Weltbevölkerung war und ist vom Corona-Virus betroffen. Wissenschaftler*innen konnten so mit Hilfe von Studien schnell auf eine große Datenmenge zurückgreifen, die bei der Impfstoffentwicklung half. Die normalerweise zeitaufwändige Zulassungsphase wurde so auf wenige Monate verkürzt. 

Gemeinsam zum Erfolg

Bei der agilen Arbeitsweise, die durch einen iterativen und inkrementellen Ansatz gekennzeichnet ist, geht es um Dynamik und die Fähigkeit, sich schnell an ein verändertes Umfeld anzupassen. Ein optimal zusammengestelltes Team und etablierte Frameworks sind essenziell. 

Im Falle der COVID-19 Impfung wurde eine funktionsübergreifende Notfall-Taskforce (ETF) eingerichtet, die sich aus klinisch-fernen Expert*innen, sowie klinischen Expert*innen und Teams, die für Qualitätssicherung zuständig waren, zusammensetzte. Die Entwickler*innen konnten sich bei Bedarf per Videoanruf mit der ETF austauschen. Die Bedeutung einer solchen kontinuierlichen und zeitnahen Kommunikation wird auch im vierten Grundsatz des Agile Manifesto für die Softwareentwicklung hervorgehoben, der eine tägliche Zusammenarbeit“ fordert.

Parallelisierung der Phasen 

Dank der kontinuierlichen Unterstützung konnten alle erforderlichen Ressourcen in einem wesentlich kürzeren Zeitraum mobilisiert werden. Dies ermöglichte die Parallelisierung der Phasen und ist ebenfalls ein bekanntes Merkmal des agilen Arbeitens. Jede Phase wurden in kleinere Schritte aufgeteilt. Anstatt zu warten, wurden frühe Ergebnisse bereits in folgenden Schritten berücksichtigt, was ein schnelles Vorankommen ermöglichte 

Nicht nur die Phasen der Forschung und der klinischen Prüfung überschnitten sich, auch die wissenschaftliche Bewertung und die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) begannen zeitgleich. Dieser Ansatz ermöglichte eine wesentlich kürzere Entwicklung, inklusive der Einhaltung von Qualitäts-, Sicherheitsund Wirksamkeitsstandards.

Die Kernvorteile agiler Praktiken 

Die Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe hat gezeigt, dass agile Methoden Entwicklungsprozesse maßgeblich beschleunigen können, ohne die Qualität zu beeinträchtigen. Aber welche Erkenntnisse für agiles Arbeiten lassen sich daraus ableiten?

  • Die Priorisierung von Aufgaben und die ausschließliche Fokussierung auf Themen mit hoher Priorität ermöglicht ein effizientes Zeitmanagement und erspart lange Diskussionen darüber, was zuerst zu tun ist.  
  • Die Mobilisierung und Bündelung von Ressourcen und Mitarbeitenden ermöglicht den Aufbau eines Teams, in dem verschiedene Personen mit unterschiedlichen Qualifikationen und Fachkenntnissen zusammenarbeiten und somit gemeinsam zum Erfolg beitragen.  
  • Die kleinschrittige Aufteilung von Aufgaben hilft besonders bei der Erfolgskontrolle, Problemlösung und Zielsetzung.  
  • Die regelmäßige Erfolgskontrolle und Prüfung des Fortschritts sind ebenso wichtig für die Einhaltung des Zeitplans wie die Überwachung der Prozesse. 
  • Die Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards ist besonders bei der Parallelisierung von Arbeitsprozessen entscheidend.  
  • Eine Task Force, die sicherstellt, dass diese Standards eingehalten werden, kann bei der Einführung agiler Methoden hilfreich sein.  
  • Schließlich ist es wichtig, die bereits vorhandenen Ressourcen und Instrumente zu nutzen. So kann man sich auf relevantere Aufgaben konzentrieren. 

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