2021/03/15

Warum Marketing Automation Tools längst mehr als eine nette Spielerei sind

Gastbeitrag: Hartmut König, Adobe

„Viel hilft viel“ ist selten eine gute Idee. Auf einer Messe käme wohl kein*e Händler*in auf die Idee, Besucher*innen penetrant zu verfolgen und ihnen dabei das sprichwörtliche Ohr abzukauen. Warum sollte das auf der digitalen Ebene anders laufen? Um wirklich beim Publikum zu punkten, braucht es deshalb genau zwei Dinge: Relevanz und zielgerichtete Kommunikation.

Gerade in der aktuellen Situation sehen wir besonders deutlich: Kundenansprache und -beziehungen müssen digital ebenso gut funktionieren wie auf analoger Ebene. Kein Wunder also, dass laut einer aktuellen YouGov-Studie im Auftrag Adobes 63 Prozent der befragten Unternehmen intensiv daran arbeiten, ihre digitale Konsumentenansprache und Produktkommunikation auszubauen. Bei vielen hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass es kein Zurück zum „business as usual“ geben wird. 40 Prozent sind überzeugt, dass die in diesem Jahr etablierten Strategien auch nach der Pandemie weiter Bestand haben werden – und das ist gut so. Doch wie lässt sich eine der großen Stärken des Mittelstands – seine persönlichen, oft über lange Jahre gepflegten Kundenbeziehungen – erfolgreich auf der digitalen Ebene verlängern?

Kommunikation auf den Punkt gebracht

Wer (potentiellen) Kund*innen sonst auf einer Messe oder im Rahmen von Konferenzen begegnet, hat allein durch den Kontext bereits eine erste Vorstellung von ihren Bedürfnissen. Die Details lassen sich dann im persönlichen Gespräch abklopfen. Längst funktioniert das auch auf digitaler Ebene: Mithilfe von Marketing Automation Tools können Unternehmen ihre Kund*innen zum richtigen Zeitpunkt mit hochrelevantem Content auf dem richtigen Kanal ansprechen – und das im großen Stil.

Dafür braucht es zunächst einmal ein solides Echtzeit-Kundenprofil, in dem die Daten jedes Touchpoints, über den Besucher*innen mit einem Unternehmen in Kontakt treten sowie weitere Informationen zu Interessen oder vergangenen Käufen verdichtet werden. Denn nur wer seine Kund*innen kennt, weiß, was sie sich wünschen. Das hat auch der Carl Zeiss Meditec AG geholfen, bei ihrer extrem beschäftigten Zielgruppe zu punkten. Denn wer Ärzten und Chirurgen scheinbar wahllos mit Content aus der Gießkanne kommt, sorgt nicht nur in der aktuell angespannten Lage für Frust. Seit der Medizintechnik-Hersteller auf ein zentrales Marketing Automation-System setzt und sowohl on- als auch offline alle Touchpoints, etwa Messe- oder Konferenzkontakte oder Besuche auf der Website und den Social Media-Kanälen des Unternehmens, miteinander vernetzt und die gewonnenen Daten granular auswertet, dringt die Marke wirklich zu ihren Kund*innen durch.

Voraussetzung für das Zustandekommen dieser Echtzeit-Kundenprofile ist, dass alle – sowohl Mitarbeiterinnen als auch eingesetzte Software-Lösungen – an einem Strang ziehen. Dank der flexiblen Schnittstellen konnte die Carl Zeiss Meditec AG ihr Marketing Automation System problemlos in die bereits eingesetzte Produktlandschaft integrieren – immerhin waren das rund 30 Anwendungen. So lassen sich alle erhobenen Kundendaten ganz einfach in ein Power BI-Dashboard überführen und übersichtlich aufbereiten. Denn genau hier liegt ein Knackpunkt: Die tollste Technologie bringt nichts, wenn jede Abteilung ihr eigenes Süppchen kocht – der Feind wirklich guter Kundenerlebnisse sind die Datensilos innerhalb des Unternehmens. Wenn Marketing und Sales aneinander vorbei arbeiten, merken das nicht nur Kund*innen ziemlich schnell. Unternehmen entgehen außerdem wertvolle Geschäftsmöglichkeiten. Die Andritz Gruppe hat sich deshalb der Herakles-Aufgabe angenommen und ihr CRM gründlich aufgeräumt. Der Erfolg kann sich durchaus sehen lassen: So konnten nicht nur innerhalb eines Jahres 250 Prozent mehr Leads generiert werden, das Unternehmen konnte außerdem ein Umsatzpotenzial von 50 bis 60 Millionen Euro allein bei noch nicht richtig optimierten Kontakten identifizieren, die unerkannt im CRM schlummerten – und das alles, weil der Datenfluss zwischen Marketing und Vertrieb nicht reibungslos lief.

Skalierbarkeit gilt auch auf Anwenderseite

Viele werden sich jetzt denken: Das können sich doch nur die Großen leisten. Wo soll ich denn Budget und (Wo)man-Power hernehmen, um diese Tools zu implementieren und zu betreiben? Lange Jahre war das ein durchaus berechtigter Einwand. Gerade in den Anfangszeiten waren es vor allem finanzstarke Global Player, die sich die entsprechenden Lösungen leisten konnten. Inzwischen werden Marketing Automation-Systeme jedoch tüchtig von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning unterstützt. Das reduziert den Personalaufwand erheblich und ermöglicht es auch kleinen und mittleren Unternehmen, die Anwendungen ohne höheren Personalaufwand einzusetzen.

Tatsächlich liegt die wahre Herausforderung für viele Unternehmen auf einer ganz anderen Ebene: Marketing Automation funktioniert nur, wenn die Datensätze sauber gepflegt sind. Laut der Studie „Automatisch besser? Die Zukunft von Marketing & Sales Automation in D-A-CH“ vom Institut für Sales und Marketing Automation in Kooperation mit der B2B-Agentur wob AG gibt mehr als ein Drittel (37 Prozent) der deutschen Unternehmen jedoch an, dass weniger als die Hälfte der in ihren CRM-Systemen gespeicherten Datensätzen fehlerfrei seien. Vielen fällt jetzt auf die Füße, in den letzten Jahren zu wenig in IT-Lösungen für Marketing und Vertrieb investiert zu haben – kein Wunder also, das lediglich drei Prozent der Firmen davon überzeugt sind, dass ihr Marketing technologisch stabil aufgebaut ist. Hier gibt es definitiv noch Nachholbedarf.

Zugegeben, die Bilanz mag hart klingen. Ich bin jedoch überzeugt, dass der Mittelstand auch diese Hürde mit Bravour nehmen wird. Nicht umsonst gelten Mittelständler als echte Macher, die ein Problem sehen, analysieren – und dann mit hoher Präzision lösen. Nach der erfolgreichen Implementierung der Industrie 4.0 wird der Mittelstand auch die nächste Stufe der Digitalisierung nehmen und sowohl digital als auch analog ein zuverlässiger Partner für seine Kund*innen bleiben.

 

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