22/01/2024

Digitalisierung der Energieinfrastruktur mit dem Smart Meter Operation Center

Autor: Dr.-Ing. Jörg Klose

Weltweit sind bereits über 1 Mrd. Smart Electricity Meter installiert und neue AMI-Lösungen (Advanced Metering Infrastructure) aufgebaut worden. IBM hat dazu Lösungen und Vorgehensweisen entwickelt, die seit 20 Jahren im Einsatz sind und laufend weiterentwickelt werden. Zukünftig verspricht Generative KI weitere Optimierungen. Mit fortschreitendem Rollout in Deutschland stehen wir vor der Frage: Was für ein Smart Meter Operation Center benötigen wir?

Smart Metering als fester Bestandteil der Energieinfrastruktur

Studien zeigen, dass zur Erreichung des 1,5 Grad Klimaziels der Anteil erneuerbar erzeugter Elektrizität bis 2050 um mehr als 100 % zunehmen wird. Es entstehen neue Märkte mit neuen Marktteilnehmern sowie neue Produkte und Services. Im Markt wie auch physikalisch im Netz nimmt schon heute die Volatilität stark zu. Energieversorgungsnetze müssen daher umgebaut und erweitert werden. Das betrifft insbesondere die Niederspannungsnetze. Die Einführung von Smart Metering ist dabei eine solche Maßnahme. In vielen Region der Welt wird Smart Metering bereits flächendeckend eingesetzt, so z.B. in Skandinavien und anderen europäischen Ländern, in Nordamerika sowie in Australien, Japan, China, Taiwan und im mittleren Osten, um nur einige Beispiele zu nennen. Es gibt also reichhaltige Erfahrungen, von denen wir in Deutschland profitieren können.

Smart-Metering-Anwendungsfälle mit Next Generation AMI (AMI 2.0) meistern

Smart Meter sind Teil einer „Advanced Metering Infrastructure“ (AMI), die auch Kommunikationstechnik, Head-End-Systeme und in der Regel ein Meter-Data-Management-System umfasst.

Eine AMI-Lösung ermöglicht neue Kunden- sowie Netzservices
Abb. 1: Eine AMI-Lösung ermöglicht neue Kunden- sowie Netzservices

Die Integrationsfähigkeit von Smart Metern ermöglicht eine überwiegend regelmäßige Fernablesung und Aufbereitung von Verbrauchswerten („meter-to-cash“). Gleichzeitig können die Messwerte anonymisiert der Steuerung von Netzen dienen („measure-to-control“), um starke Lastschwankungen auszugleichen oder begrenzen zu können.

AMI-Lösungen machen dies wirksam und kosteneffizient möglich. Bei „Next Generation AMI“ oder AMI 2.0 arbeiten die Einzelkomponenten dank neuester Technologien, neuer Architekturprinzipien und der Einhaltung internationaler technischer Standards zu Verbesserung der Operabilität, bestmöglich zusammen.

Zu den Eigenschaften zählen unter anderem:

  • End-to-end Datensicherheit für die gesamte Wertschöpfungskette.
  • Datenschutz (GDPR) entsprechend den geltenden lokalen Gesetzen.
  • Eine hybride und cloud-native AMI-Lösungsarchitektur, um flexibel und schnell Erweiterungen integrieren zu können.
  • Flexible Einbindung von Partnerlösungen basierend internationalen Standards sowie offenen APIs.
  • Zeitnahes Bereitstellen der Verbrauchswerte bis nahezu in Echtzeit, damit Kunden ihre aktuellen Verbräuche und Einspeisungen zeitnah kontrollieren und beeinflussen können und Verteilnetzbetreiber auch Lasten im Niederspannungsbereich zeitnah managen können.
  • KI-gestützte Arbeitsabläufe insbesondere bei Standardprozessen und analytischen Aufgaben.
  • Intuitive User (Customer/Employee) Experience (UX) mit digitalen Assistenten und Vorschlagsystemen.

Die Praxis zeigt: Für den Aufbau und Betrieb von AMI-2.0-Lösungen ist ein Smart Meter Operation Center (SMOC) nicht nur sinnvoll, sondern in der Regel sogar notwendig.

Das Smart Meter Operation Center monitort Einbau und Betrieb von AMI-Komponenten

Der Aufbau und die Nutzung eines Smart Meter Operation Centers (SMOC) parallel zum Aufbau einer AMI-Lösung macht Sinn: Installation, Integration, Inbetriebnahme und Betrieb der Komponenten müssen gut aufeinander abgestimmt sein. Dies ist umfangreich und kann sehr komplex sein, wie Abb. 2 zeigt. Das trifft insbesondere dann zu, wenn für Aufbau und Betrieb viele Parteien involviert sind.

Das Smart Meter Operation Center (SMOC) unterstützt ganz wesentlichen den Aufbau und den Betrieb einer AMI-Lösung

Abb. 2: Das Smart Meter Operation Center (SMOC) unterstützt ganz wesentlichen den Aufbau und den Betrieb einer AMI-Lösung

So unterstützt das Smart Meter Operation Center z. B. bei:

  • Planung, Beschaffung, Erfassung, Inventarisierung, Test und Vorbereitung der Installation aller Komponenten.
  • Monitoring des Installationsfortschritts.
  • Dauerhafte Funktionsüberwachung der eingebauten Komponenten sowie Monitoring und Analyse ausgelöster Ereignisse.
  • Monitoring and Analyse von Ereignissen, ausgelöst durch die eingebauten Komponenten.
  • Monitoring von Steuersignalen, die durch das Messdatenmanagementsystem und die HES (Headend-System) ausgelöst werden.
  • Reporting und Auswertungen von Kenngrößen, um zu prüfen, ob vertraglich festgelegte SLAs und KPIs eingehalten werden.
  • Reporting und Auswertungen von Kenngrößen zur Prüfung von SLAs und KPIs.

Das SMOC unterstützt damit die Optimierung von Liefer- und Installationsketten. Es sorgt für einen optimalen Backlog und damit für genügend Elastizität im Störungsfall.

Die vier Funktionsbereiche des Smart Meter Operation Centers

Das Smart Meter Operation Center bietet vier wesentliche Funktionsbereiche für Einführung, Einsatz und Betrieb einer Smart-Metering-Infrastruktur (mit beispielhaften Einzelfunktionalitäten):

Monitoring der Installationsprozesse sämtlicher Smart Meter und kommunikationstechnischen Komponenten („Deployment Monitoring“)

  • Verfügbarkeit und Anzahl installierter AMI-Komponenten
  • Geplante und tatsächliche Installationsleistung sowie Aktivierung, …

Messdatenbetrieb („Meter Data Operations“)

  • Anteil erfasster Registerwerte, Lastprofile und Ereignisse wie Alarme und Warnungen
  • Anteil erfolgreicher AMI-Kommandos wie Bedarfsablesung, Fernabschaltung/-einschaltung
  • Monitoring kritischer Ressourcen, wie Speicher und Batterie, …

System und Sicherheitsbetrieb (“System and Security Operations“)

  • Verfügbarkeit von Kommunikationsnetzen (Mobilfunk, RF, BPL, PLC, LoRaWAN, …).
  • Abbildung und Überwachen der Konnektivität zwischen Netzelementen und Smart Meter, …

AMI-System- und Sicherheitsüberwachung („AMI Systems and Security Monitoring“)

  • Verfügbarkeit der AMI-Komponenten und Integrationspunkte.
  • Überwachung der Systemleistung von IT- und SW-Ressourcen, …

Diese vier Funktionsbereiche eines SMOCs sind unserer Erfahrung nach notwendig, um Aufbau und Betrieb einer Smart-Metering-Infrastruktur wirksam zu unterstützen.

Das Smart Meter Operation Center stellt sehr nutzerspezifische UX bereit

Ein Smart Meter Operation Center unterstützt die Bedürfnisse aller Personas, die Monitoring-Aufgaben in den „meter-to-cash“- und „measure-to-control“-Anwendungsfällen wahrnehmen. Dazu sind eine ganze Reihe von SLAs und KPIs zu überwachen.

Abb. 3: Das Smart Meter Operation Center (SMOC) im Einsatz

Abb. 3:  Das Smart Meter Operation Center (SMOC) im Einsatz

Die im Folgenden genannten Personas sind üblich (wenn auch nicht vollständig):

Der SMOC-Manager benötigt stets einen aktuellen Überblick über die Funktionstüchtigkeit der gesamten AMI-Lösung mit allen Komponenten. Sie möchte sofort möglichst in aggregierter Form wissen, welche (insbesondere kundenrelevanten) Probleme aufgetreten sind, am besten bevor sie sich auf Kundendienstleistung oder auf andere Betroffene auswirken.

Der Deployment Operator benötigt Informationen über den aktuellen Einbaustand der Smart Meter sowie die Planung für heute und die nächsten Tage im Kontext der kurz-/mittel- und langfristigen Einbauplanung. Zuvor hat er veranlasst, dass die Anschlussnehmer fristgemäß ihr Einverständnis für den Einbau gegeben haben. Er steht in direktem Kontakt mit den Installations-Dienstleistern.

Der Meter Equipment Operator überwacht die Funktionsfähigkeit der installierten Smart Meter. Fehlerhafte Funktionen möchte er frühestmöglich erkennen und analysieren. Er steht in direktem Kontakt mit dem Zählerlieferanten/-hersteller, ist informiert, wann welche Fehlerpatches und Firmware-Upgrades durchzuführen sind und überwacht den Austausch defekter Zähler.

Der Communications Operator ist für die funktionierende Kommunikationstechnik zwischen Messwerterfassung vor Ort und Head-End-Systemen verantwortlich. Bei Fehlern im Kommunikationssystem werden möglicherweise keine Messwerte von den Zählern übermittelt. Er fordert eine Optimierung, wenn sich die Fehler häufen.

Der Smart Meter Gateway Operator überwacht sämtliche Smart Meter Gateways. Er administriert und prüft Zertifikate sowie Zugriffsrechte unter Berücksichtigung der Vorgaben des BSI. Er hat sicherzustellen, dass alle zugelassenen Marktpartner, wie z. B. Verteilnetzbetreiber, auf Verbrauchsdaten zugreifen und so auch steuernd eingreifen können.

Der Meter Data Operator erwartet Informationen dazu, ob alle Verbrauchswerte der letzten Verbrauchswerteübermittlung erfasst werden konnten, und wenn nicht, welche Werte fehlen und ggf. einer Schätzung oder manuellen Bearbeitung bedürfen. Außerdem prüft er Verbrauchswerte auf Plausibilität sowie Unstimmigkeiten und überwacht die Anforderung von Verbrauchswerten „On-Demand“.

Der Systems Operator überwacht und managt das Smart Meter Operation Center. Er prüft die Verfügbarkeit und Auslastung der IT-Ressourcen, kümmert sich um die Fehlererkennung und -behebung in den SMOC-Komponenten, um Backups, Benutzerkonten sowie Zugänge und stellt SMOC-Services zur Verfügung.

Der Security Operator überwacht das SMOC hinsichtlich Sicherheitsrisiken sowie konkreter Bedrohungen und leitet bei sicherheitsrelevanten Ereignissen gegebenenfalls erforderliche Gegenmaßnahmen ein.

Jede Persona hat spezifische Anforderungen an die User Experience (UX), welche intuitiv und selbsterklärend sein muss. Eine intuitiv korrekte Nutzung, wie bei anderen modernen Apps, muss für alle mit dem SMOC arbeitenden Personas möglich sein.

Die Rolle von KI im Smart Meter Operation Center

Zukünftig wird die UX durch einen digitalen Assistenten als „Co-Pilot“ bei Installation und im Betrieb unterstützt, der z. B.

  • laufende Risikoanalysen zu sämtlichen Komponenten in der Supply-Chain durchführt (Prozesse, Systeme, Technologie und Personaleinsatz) und Vorschläge unterbreitet, wie z. B. zu erwartenden Engpässen bei AMI-Lösungskomponenten begegnet werden sollte, und den Lagerbestand optimiert,
  • errechnet, wie sinnvoll es ist, den Anschlussnehmer nochmals über den Termin des Zählertauschs zu informieren, damit der Installateur nicht vor verschlossenen Türen steht,
  • eigenständig Alarme und Warnungen analysiert sowie prognostiziert, in welchen Lokalitäten mit welchem Konfidenz-Level Komponentenausfälle zu erwarten sind,
  • Analysen von im Feld gemessenen Ereignissen durchführt und dem Komponentenhersteller die Ergebnisse zur Produktoptimierung mitteilt,
  • Vorschläge unterbreitet, wie die Installationsplanung der Smart Meter optimiert werden kann, um möglichst früh netzdienliche Informationen zu erhalten (wie Volatilität in kritischen Netzbereichen),
  • spezifische Fragen zur Installation beantwortet, Lösungshinweise gibt, die zuvor von Experten gelernt wurden, und im Betrieb dazulernt,
  • im Fehlerfall Tickets erfasst, eigenständig präzisiert und an Lösungsteams weiterleitet.

Für die Realisierung eines Smart Meter Operation Centers bietet der Markt eine Reihe von Standardprodukten, die zu einer Gesamtlösung kombiniert werden können. Fertige Systeme haben hingegen oft den Nachteil, dass sie nicht den empfohlenen oben zusammengefassten AMI-2.0-Standards entsprechen.

IBM unterstützt seit über 20 Jahren Energieversorger beim Aufbau, der Einführung und Integration von AMI-Lösungen. In mittlerweile über 80 Projekten weltweit wurden bereits 120 Millionen Smart Meter installiert. Dabei wurden auch Smart Meter Operation Center eingeführt, einige davon mit über 10 Millionen Smart Metern.

Exzellente Experiences für die Energiewelt von morgen – mit IBM iX

Die digitale Transformation verändert die Energiewelt nachhaltig. Wir vom Energy Team bei IBM iX begleiten die Energiebranche dabei – von der Strategie, über das Design bis zur Technologie. Wir kennen Ihre Herausforderungen und besonders Ihr Potenzial. Sprechen Sie uns gerne an!

Unsere Services Unser Energy Team kontaktieren

 

Download Banner für den Guide "Customer Experience in der Energie-Branche"

Das könnte Sie auch interessieren