05.03.2025

Open Data – der unterschätzte Innovationsbeschleuniger
im öffentlichen Sektor

Autorin: Victoria Boeck

Wenn die Verwaltung eines täglich macht, dann Daten zu erheben und zu speichern. Die digitale Transformation sollte diese Datenschätze heben und vernetzt nutzbar machen. Schließlich sind Daten das Rückgrat jeder digitalen Innovation und von KI-Anwendungen im Besonderen. Was dabei oft übersehen wird: Open Data kann als ein Teilbereich des Datenmanagements ein wunderbarer Einstieg dafür sein.

An einer intensiveren Beschäftigung mit Daten kommt die Verwaltung weder rechtlich noch organisatorisch nicht vorbei. Der Megatrend, KI-Anwendungen zeitnah zu implementieren, erhöht diesen Druck noch weiter. Trotz aller Fortschritte ist ein gutes, digitales Datenmanagement immer noch eine Grundlage, die nicht überall gleichermaßen in den Verwaltungsbehörden gelegt ist. Es bleibt also die Frage: Wie können Behörden das Potenzial ihrer Daten besser erschließen und eine nachhaltige Grundlage für Dateninnovationen schaffen? Die oft übersehene Antwort ist Open Data.

Was ist Open Data?

Open Data beschreibt den Ansatz, datenschutzrechtlich konforme Rohdaten in maschinenlesbarer Form zur kostenlosen Weiterverwendung bereitzustellen. Unter einer offenen Lizenz bereitgestellt, dürfen die Daten für jegliche Zwecke – privat bis kommerziell – benutzt werden. Mögliche offene Behördendaten umfassen diverse Arten – die Palette reicht von statistischen Daten, die Bevölkerungsentwicklungen der letzten Jahre beschreiben, bis hin zu räumlichen Daten, die Umrisse von städtischen Gebäuden abbilden, oder auch formlose tabellarische Daten, die Adressen und Kontaktinformationen für Sozialeinrichtungen liefern.

Die Bereitstellung von offenen Daten klingt zunächst wie eine reine Zusatzarbeit für die Verwaltungsbehörden. Genau das ist es aber nicht, denn für die öffentliche Verwaltung ist diese Aufgabe zunehmend eine gesetzliche Verpflichtung. Davon zeugen diverse Gesetze auf europäischer, Bundes- und auch Landesebene, die durchaus große Mengen an Verwaltungsdaten betreffen (exemplarisch können hier die PSI-Richtlinie, das 1. und 2. Open-Data-Gesetz oder das Berliner E-Government-Gesetz wie die Open-Data-Rechtsverordnung genannt werden).

Die DVO-HVD (EU-Durchführungsverordnung zu Hochwertigen Datensätzen) enthält bereits eine Liste von besonders wertvollen und wichtigen Datensätzen. Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen müssen nun dafür sorgen, die Daten unter ihrer Hoheit kostenfrei und in maschinenlesbarer Form bereitzustellen.

Offene Daten werden in der Regel über so genannte Open-Data-Portale verfügbar gemacht. Ein Beispiel dafür ist Govdata.de, ein föderales Datenportal. In den Portalen werden die Metadaten der Datensätze angeboten sowie die Rohdaten selbst. Die Rohdaten werden entweder über eine Verlinkung oder einem direkten Download verfügbar gemacht. Die Metadaten ermöglichen eine Katalogisierung und dementsprechend eine Filterung der Daten nach Eigenschaften wie z. B. geographischen Gesichtspunkten oder thematischen Schwerpunkten. Zusätzlich reduzieren vollständige und qualitativ hochwertige Metadaten bzw. eine angemessene Dokumentation (bei komplexen Datensätzen) das Risiko von Missverständnissen oder Fehlinterpretationen.

Selbstverständlich gibt es klar definierte rechtliche Grenzen, was als Open Data veröffentlicht werden kann. Persönliche Daten sind geschützt. Nur in Ausnahmefällen, in denen ein öffentliches Interesse nachweisbar und begründbar ist, können sie (teilweise) vorkommen. Ein Beispiel wären Organigramme oder öffentliche Kontaktlisten. Auch Daten, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten oder potenzielle Sicherheitsrisiken mit sich bringen, sind von Open Data-Verordnungen ausgenommen.

Bisherige Initiativen in Deutschland

Eine offizielle Auflistung aller Open-Data-Portale in Deutschland gibt es nicht, aber eine Analyse der Initiative Neuland 21 e. V. hat ca. 219 Datenportale auf Landes- und Kommunalebene identifiziert (Geodatenportale ausgenommen). Sieht man sich einzelne Portale genauer an, zeigt sich schnell der unterschiedliche Reifegrad. Die Veröffentlichungsmenge schwankt von wenigen, veralten bis zu hunderten oder sogar tausenden Datensätzen bei einigen Ländern und Kommunen.

Einrichtungen wie das Kompetenzzentrum Open Data (CCOD) für Bundeseinheiten oder das Open Bydata Competence Center für Kommunen in Bayern unterstützen Behörden, die mit Open Data am Anfang stehen. Sie zeigen Best Practices oder stellen eine Basisinfrastruktur für das Betreiben eines Datenportals bereit. Entscheidungen über die strategische Herangehensweise und die tatsächliche Auswahl an Daten liegen aber bei den bereitstellenden Behörden.

Vorteile für diverse Sektoren

Verwaltungsdaten werden meistens für einen bestimmten Zweck erhoben und verwendet. Für manche Behörden ist daher eine Nutzung außerhalb der Behörde oft schwer vorzustellen. Oder es herrscht – bei wenig Berührung mit Open Data – die Ansicht vor, dass Verwaltungsdaten grundsätzlich uninteressant für Verwaltungsexterne sind. Aber weit gefehlt: Der potenzielle Nutzen aus offenen Verwaltungsdaten ist für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft immens.

Beispiele für die Nutzung von Open Data:

  • Firmen im Energiebereich, die offene Daten zu Gebäuden und Flächen nutzen, um günstige Orte für Solaranlagen in bebauten Regionen zu identifizieren.
  • Wissenschaftler*innen können offene Daten für Forschungsprojekte einbeziehen, wie Forscher*innen Daten von Gesundheitsbehörden benutzt haben, um die Verbreitung von COVID-19-Erkrankungen in der Pandemie zu verfolgen.
  • Zivilgesellschaftliche Initiativen können mit offenen Daten Applikationen und Tools entwickeln, die den Zugang zu Services oder Informationen erleichtern. Das kann z. B. eine praktische Suche für Beratungsstellen und passende Sozialangebote sein. Aber eben auch mal etwas Leichteres wie eine Karte mit den Standorten aller Weihnachtsmärkte.

Die Beispiele deuten an, welche positiven Effekte durch Open Data in den genannten Sektoren möglich sind. Umso klarer erscheint es, bereits gesammelte Daten nicht größtenteils ungenutzt abzulegen, sondern sie für Innovationen freizugeben.

 

Von Datensilos zu Datenerkenntnissen

Eine Ebene wird dennoch meist übersehen. Die ersten Profiteure von Open-Data-Bereitstellungen sind die Behörden selbst. Denn Datensilos sind ein bekanntes Problem in vielen Behörden. Mitarbeitende können dabei erleben, dass sie nur unter Umständen (wenn überhaupt) auf Daten aus anderen Abteilungen oder Behörden zugreifen können.

Dank der Katalogisierung und Veröffentlichung von offenen Daten in einem öffentlichen Datenportal können Mitarbeitende ebenfalls auf diese Daten zugreifen. Damit wird quasi ein Self-Service-Angebot für eine abteilungs- und behördenübergreifende Nutzung geschaffen.

Offene Daten haben noch weitere Vorteile. Weil sie nur einen Teil der Gesamtdatenmenge einer Verwaltungsbehörde darstellen, sind sie als initiales Datenprojekt leichter zu verwalten und einzurichten. Gleichzeitig ebnen sie den Weg für einen bewussten Umgang mit Daten und eröffnen neue Perspektiven auf das eigene Verwaltungshandeln. Wie werden Daten gewonnen, wie verarbeitet, wer ist beteiligt und wann, wie müssen Daten erhoben und angereichert werden – all diese Fragen sind dank der Durchführung von Open-Data-Projekten mit einem überschaubaren Aufwand zu beantworten und können als Erkenntnisse in die Gesamtdatenstrategie einfließen.

Durch den vereinfachten Zugriff ergeben sich aber auch Möglichkeiten, die eigenen Daten besser zu verstehen. Offene Daten bieten sich aufgrund ihrer maschinenlesbaren Struktur an, sie in digitale Anwendungen zu integrieren oder sie zu visualisieren. In dieser Form können offene Daten für Behörden die Entscheidungsfindung auf Evidenzbasis fördern und interne Prozesse optimieren. Ein sehr schönes Beispiel dafür ist der Berliner EnergieCheckpoint der Open Data Informationsstelle Berlin. In der Karte sind offene Daten zum Energieverbrauch von öffentlichen Gebäuden aufbereitet, um mögliche Bedarfe an Sanierungen klarer und übersichtlicher darzustellen und eingrenzen zu können.

Nicht zuletzt verschaffen derartige Veröffentlichungen Bürger*innen mehr Transparenz über Behördenarbeit und Verwaltungshandeln. Sie stärken damit auch das gesellschaftliche Vertrauen in die Demokratie.

Grundlagen für Data Governance und Data Management

Eine strukturierte Umsetzung von Open Data erfordert auch strategische Überlegungen über Prozesse und Infrastrukturen im Management, und letztendlich die Bereitstellung der offenen Daten. Wie bereits erwähnt, ist neben der Datenübersicht auch der Datenfluss zu analysieren. Die Einführung dazu passender, digitaler Prozesse erfordert wiederum Anpassungen der Abläufe und der beteiligten Rollen in der Organisation. Welche anderen Schritte Organisationen dafür gehen müssen und können, erklären wir anschaulich in unserem neuen Whitepaper.

Mit einem Open-Data-Teilprojekt wird eine positive Entwicklung in der Behörde angestoßen: Die Erkenntnisse, die bei der Umsetzung gewonnen werden können, helfen der Organisation den Umgang mit Daten zu verbessern und entsprechende Grundlagen dafür einzuführen. Das beginnt bereits, wenn die Daten auf ihre Veröffentlichungstauglichkeit geprüft werden. Die Daten sind unter Datenschutz- und rechtlichen Vorgaben zu betrachten. Dieser Vorgang benötigt einen Mechanismus und eine verantwortliche Rolle, die wahrscheinlich neu einzurichten ist. Ebenso ergeben sich Erkenntnisse über die IT-Systeme und benötigte Modernisierungen, um eine automatische und nachhaltige Veröffentlichung von Daten über Schnittstellen hinweg zu ermöglichen. So führt ein Teilprojekt im Bereich Open Data bereits zu einer elementaren Weiterentwicklung von Data Governance and Data Management in der Behörde – vorausgesetzt die Erkenntnisse fliesen in eine übergeordnete Digitalstrategie mit ein.

Open Data: Schnelle Effekte und gesunde Entwicklung

Zu Beginn der Open-Data-Bewegung war Open Data mehr ein Angebot für die Zivilgesellschaft, und auch hier nur für spezielle Initiativen, die eine Transparenzverantwortung bei staatlichen Stellen betonten. Heutzutage zeigt sich jedoch immer klarer, dass Open Data vielfältige Vorteile für die Verwaltung und darüber hinaus für weitere Sektoren bedeutet.

Viele Verwaltungbehörden haben sich noch nie mit der Governance ihrer Daten auseinandergesetzt, was den Start mit Open Data nicht erleichtert. Aber das Gute an Open Data ist, dass es kein „Alles-oder-Nichts-Vorhaben“ ist. Behörden können ihre Open Data-Ansätze schrittweise entwickeln, umsetzen und ausbauen – und schon ab dem ersten Schritt von den Vorteilen von leichter auffindbaren und zugänglichen Daten profitieren.

Das könnte dich auch interessieren