04/04/2024

Patient Empowerment: Wie man die Gesundheitskompetenz stärkt

Autor: Ingo Werren

Eine Ärztin im weißen Kittel spricht mit einem Patienten

Patient Empowerment zielt darauf ab, Patient*innen durch gezielte Informationen zu befähigen, aktiv an der Gestaltung ihrer Gesundheit mitzuwirken. Aber welche Ansätze und Stellschrauben sind zentral, um ihnen dabei zu helfen, ihre Gesundheitsdaten zu verstehen, informierte Entscheidungen zu treffen und ihre Erkrankung besser zu bewältigen?

Patient Empowerment – mehr Selbstbestimmung im Gesundheitswesen

Patient Empowerment ist mehr als ein Trend – es ist ein grundlegender Wandel im Gesundheitswesen. Wer seine Gesundheitsdaten kennt, versteht und aktiv nutzen kann, trifft bessere Entscheidungen und verbessert langfristig seine Lebensqualität. Doch viele digitale Gesundheitslösungen bleiben hinter diesem Anspruch zurück: Sie sind zu kompliziert, zu wenig auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten oder erschweren den Zugang zu verlässlichen Informationen. Damit digitale Angebote wirklich unterstützen, müssen sie personalisierte Einblicke ermöglichen, medizinisches Wissen verständlich machen und sich nahtlos in den Alltag der Nutzer*innen integrieren. Um Patient Empowerment erfolgreich umzusetzen, sind fünf zentrale Aspekte entscheidend.

Personalisierte Einblicke für echten Mehrwert im Alltag

Die Personalisierung von Gesundheitsinformationen auf Basis individueller Daten ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für digitales Patient Empowerment. Sie ermöglicht es Patient*innen, ihre Gesundheitsdaten besser zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen, die auf ihren spezifischen Bedürfnissen und Lebensumständen basieren.

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine gemeinsam mit IBM entwickelte Diabetes-Management-Lösung nutzt persönliche Daten, um KI-gestützt Vorhersagen zur Entwicklung des Blutzuckerspiegels zu treffen und konkrete Handlungsempfehlungen zu geben. Diese personalisierte Ansprache schafft echten Mehrwert im Alltag der Betroffenen. Gerade bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes können solche Lösungen die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern und gleichzeitig das Gesundheitssystem entlasten.

KI als Brücke zwischen Ärzt*innen und Patient*innen

Eine zentrale Herausforderung im digitalen Patient Empowerment besteht darin, dass Patient*innen zwar ihre Gesundheitsdaten einsehen können, jedoch häufig nicht verstehen, was diese bedeuten. In einem Gesundheitssystem, in dem die durchschnittliche Sprechzeit pro Patient*in nur sieben Minuten beträgt, ist es für Ärzt*innen kaum möglich, jedes Detail zu erläutern.

Hier bieten KI-gestützte Assistenzsysteme wie der Chatbot ISA von TheraKey eine vielversprechende Lösung. Diese fungieren als Übersetzer und bereiten komplexe medizinische Inhalte in verständlicher Sprache auf. Langfristig könnten solche digitalen Helfer direkt in die elektronische Patientenakte (ePA) integriert werden und auf Anfrage komplexe medizinische Befunde in einfacher Sprache erklären.

 

Zielgruppengerechte Lösungen statt One-Size-Fits-All

Digitales Patient Empowerment kann nur gelingen, wenn die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensrealitäten der Patient*innen berücksichtigt werden. Eine App mag für technikaffine Menschen passend sein, doch ältere Menschen ohne Smartphone oder mit motorischen Einschränkungen brauchen andere Lösungen. Auch die Schwere und Chronizität einer Erkrankung spielt eine entscheidende Rolle. Während bei Bluthochdruck eine App nicht unbedingt erforderlich ist, kann sie bei schweren chronischen Erkrankungen oder Krebs eine wertvolle Unterstützung sein. Entscheidend ist, dass digitale Lösungen sich in den Alltag der Betroffenen integrieren lassen.

Vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen trotz Informationsflut

In Zeiten von Dr. Google, TikTok und ChatGPT wird die Fähigkeit, qualitativ hochwertige von minderwertigen oder falschen Gesundheitsinformationen zu unterscheiden, zur Schlüsselkompetenz. Denn viele Menschen sind angesichts der riesigen Menge an Informationen verwirrt und unsicher. Die Orientierung durch vertrauenswürdige Quellen wie Ärzt*innen, Krankenhäuser und seriöse Gesundheitsportale ist daher entscheidend. Gleichzeitig reicht der bloße Verweis auf diese Quellen nicht aus – die Informationen müssen auch zugänglich und verständlich aufbereitet werden.

Einbindung von Patient*innen

Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist die Einbindung von Patient*innen in die Entwicklung digitaler Gesundheitslösungen. Zu oft werden Anwendungen entwickelt, die am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen – mit dem Ergebnis, dass sie nach der Markteinführung kaum genutzt werden. So zögern Patient*innen beispielsweise, ärztliche Entscheidungen zu hinterfragen oder ihre Behandlungsunterlagen anzufordern – oft aus Sorge, Mediziner*innen zu verärgern. Manche haben auch Hemmungen, offen anzusprechen, wenn sie Medikamente nicht wie verschrieben einnehmen. Digitale Lösungen, wie strukturierte Hinweise in der elektronischen Patientenakte (ePA), könnten hier unterstützend wirken und die Kommunikation zwischen Patient*innen und Ärzt*innen verbessern.

Eine auch oft vernachlässigte Personengruppe bei der Entwicklung von Lösungen sind Familienangehörige. Diese spielen eine wichtige Rolle im Empowerment und der Therapie von Patient*innen und sollten bei der Entwicklung unbedingt mitgedacht werden.

In der aktuellen Gesundheitslandschaft entstehen zahlreiche Lösungen von verschiedenen Akteur*innen, wie der Pharmabranche, Krankenkassen und Kliniken. Dies bietet Chancen, birgt jedoch auch Risiken, wenn Systeme nicht kompatibel sind oder Patient*innen den Überblick verlieren. Ein systematischer Austausch über Erfahrungen ist daher unerlässlich, um neue Angebote kontinuierlich zu verbessern.

Fazit: Patient Empowerment als strategische Chance für das Gesundheitssystem

Digitales Patient Empowerment ist weit mehr als ein Schlagwort – es ist ein grundlegender Ansatz, der das Potenzial hat, das Gesundheitssystem nachhaltig zu verbessern. Durch die Befähigung, selbstbestimmt mit der eigenen Gesundheit umzugehen, kann nicht nur die Versorgungsqualität gesteigert, sondern auch die begrenzten Ressourcen im Gesundheitssystem effizienter genutzt werden. Die ePA wird hier eine Schlüsselrolle spielen.

Als IBM iX verstehen wir uns als Partner in diesem Transformationsprozess und unterstützen mit unserer Expertise an der Schnittstelle von Design, Technologie und Strategie die Entwicklung patientenzentrierter digitaler Lösungen.

Die im Text dargestellten Ansätze wurden im Rahmen des Healthcare Experience Meetups, bei dem Expert*innen aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens über die Zukunft des Patient Empowerments diskutierten, erarbeitet.

KI in der Gesundheitsbrache optimal einsetzen

Trotz möglicher Hürden bei der Digitalisierung und der Implementierung von KI-Projekten verspricht Künstliche Intelligenz viele entscheidende Vorteile. Deshalb lohnt es sich, gemeinsam mit Expert*innen dieses Thema von der Planung bis zur Umsetzung anzugehen. So kann gemeinsam eine erfolgreiche KI-Strategie geschaffen werden, die bei der täglichen Arbeit unterstützt. Das hört sich gut an? Dann zögere nicht, uns zu kontaktieren.

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