11/10/2023

Barrierefreies Service Design in 7 Schritten

Autorin: Eileen Boerner

Barrierefreiheit in den Designprozess und die Softwareentwicklung zu integrieren, kann mitunter zahlreiche Fragen aufwerfen und die Umsetzung dadurch abschreckend wirken. Zusätzlich fehlt es an Best Practices, die eine Orientierung geben könnten. Doch es braucht nur sieben Schritte zum barrierefreien Service Design.

Diversitäts- und Inklusionsstrategien gewinnen zunehmend an Bedeutung – auch im Kontext des Service Designs. Besonders in etablierten Projekten, in denen Barrierefreiheit bisher vernachlässigt wurde, besteht oft eine Lücke in der Umsetzung. Diese wird spätestens während der Testphase deutlich, sobald Aspekte der Barrierefreiheit geprüft werden. Aber kann ein digitales Produkt, das über Jahre hinweg entwickelt wurde, nachträglich inklusiver gestaltet werden? Ja, es kann.

Was ist Service Design eigentlich?

Bevor ein neuer digitaler Service gestaltet wird, greifen Designer*innen auf nutzerzentrierte Forschung im Rahmen des Service Designs zurück, um zunächst das Problem zu analysieren. Dieser Schritt findet zeitlich vor dem traditionellen Entwicklungsprozess statt und legt den Fokus auf die ganzheitliche User Experience und die Integration von Diensten. Dabei steht nicht nur die technische Umsetzung im Vordergrund, es werden insbesondere auch die Bedürfnisse und Anforderungen der Nutzenden berücksichtigt, um innovative und nutzerfreundliche Lösungen zu schaffen.

Wieso ist barrierefreies Service Design so wichtig?

Um inklusive digitale Erlebnisse zu schaffen, ist ein barrierefreies Service Design unverzichtbar. Werden bestimmte Anforderungen von Beginn an mitgedacht, wird ein gleichberechtigter Zugang für Menschen mit Behinderungen sichergestellt. Die Einhaltung etablierter Richtlinien wie der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG, 2023) bietet einen verlässlichen Rahmen für den Aufbau barrierefreier Systeme. Dieser proaktive Ansatz hilft dabei, mögliche Hürden frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen.

Wie gelingt Barrierefreiheit mit Service Design?

Beherzigt man die folgenden sieben Schritte, lassen sich barrierefreie digitale Erlebnisse schaffen.

  1. Barrierefreiheit als Teil der Zielsetzung

    Barrierefreiheit von Anfang an in die Zielstellung des Produktes oder der Dienstleistung zu integrieren, bildet das Fundament für einen klaren Plan und rückt das Thema auch im restlichen Projektverlauf in den Fokus.

     

  2. Bereitstellung und Aufbereitung von Ressourcen

    Alle am Projekt beteiligten Personen sollten ein Verständnis für Barrierefreiheit entwickeln. Dafür empfiehlt es sich, eine vielfältige Sammlung von Ressourcen zur Barrierefreiheit bereitzustellen. Diese Sammlung kann Links, Präsentationen, Guidelines und Videos umfassen, die grundlegende Barrierefreiheitsspezifikationen, bewährte Verfahren und anschauliche Best Practices vermitteln. Ein Experte oder eine Expertin für das Thema kann ebenfalls sehr hilfreich sein, um Designer*innen, Entwickelnde und Testende gezielt zu schulen.

     

  3. Neue Perspektiven auf Barrierefreiheit im Planungsprozess

    Die Berücksichtigung von Farbkontrasten und die Lesbarkeit von Texten erfordert zusätzlichen Aufwand während des Designprozesses. Es ist entscheidend, diese Aspekte in die Projektplanung einzubeziehen, die den gesamten Ablauf – von der Gestaltung über die Entwicklung bis hin zu Tests – umfasst. Diese proaktive Herangehensweise gewährleistet, dass Änderungen nahtlos integriert und die allgemeine Nutzerfreundlichkeit sowie die Inklusivität des Produkts erhöht werden.

     

  4. Barrierefreiheitsaspekte in Designdefinitionen aufgreifen

    Die Integration von Barrierefreiheitsaspekten in Designdefinitionen ist ein entscheidender Schritt im Designprozess. Dabei geht es darum, schrittweise Beschreibungen von barrierefreiem Verhalten zum Designsystem hinzuzufügen – Komponente für Komponente. Beginnend mit den am häufigsten verwendeten Komponenten hin zu den weniger genutzten, können Designer*innen wesentliche Informationen wie Farbcodes, Definitionen für Bildschirmleser*innen, Verhaltensweisen bei Änderung der Bildschirmgröße und Darstellungen im Dunkelmodus integrieren. Durch die systematische Abdeckung dieser Details können Designer*innen sicherstellen, dass das Designsystem inklusiv ist und den vielfältigen Bedürfnissen der Nutzenden gerecht wird.

     

  5. Barrierefreies Verhalten als Teil der Softwareentwicklung

    Indem Barrierefreiheitsanforderungen als integraler Bestandteil der Akzeptanzkriterien aufgenommen werden, können Teams die Umsetzung barrierefreier Funktionen nicht nur priorisieren, sondern auch überwachen. Dabei ist es von großer Bedeutung, bei jeder neuen Entwicklungsaufgabe die plattformspezifischen technischen Aspekte zu berücksichtigen, denn unterschiedliche Plattformen haben unterschiedliche Leitlinien und Anforderungen.

     

  6. Barrierefreiheit in jedem Schritt prüfen

    Während der Testphase kommt es besonders darauf an, die Barrierefreiheitsfunktionen in Zusammenhang mit den üblichen Funktionen sowie Randfällen wie Fehlermeldungen sorgfältig zu überprüfen. Diese Barrierefreiheitsfunktionen, zu denen die Kompatibilität mit Bildschirmleser*innen und die Tastaturunterstützung gehören, sollten nahtlos in die standardisierten Testabläufe integriert werden. Das bedeutet, dass Fehler im Zusammenhang mit Barrierefreiheit genauso gründlich erkannt, dokumentiert und behandelt werden sollten wie andere funktionale Probleme.

     

  7. Direktes Feedback für das Produkt einholen

    Kontinuierliches Feedback von Nutzenden einzuholen, ist entscheidend für die schrittweise Produktverbesserung. Durch die aktive Interaktion während des Entwicklungsprozesses können Teams wertvolle Einblicke gewinnen und Bereiche für Verbesserung identifizieren. Dieser iterative Ansatz ermöglicht eine schrittweise Verbesserung des Produkts basierend auf authentischem Feedback und den Bedürfnissen der Nutzenden. Besagtes Feedback kann durch Nutzertests, Umfragen, Interviews oder regelmäßige Kommunikationskanäle gesammelt werden. Indem diese Feedbackschleife in den Entwicklungszyklus integriert wird, können Teams fundierte Entscheidungen treffen, Funktionalität priorisieren und kontinuierliche Verbesserungen vornehmen. 

    Die schrittweise Annäherung an barrierefreies Design ist eine transformative Reise, die das Team stärkt und das Produkt verbessert. Durch diesen Design-Ansatz wird das Produkt nicht nur für Menschen mit Einschränkungen zugänglich, sondern verbessert auch das allgemeine Nutzererlebnis. Grundsätzlich sollte man sich barrierefreiheitsbezogenen Themen ohne Vorbehalte nähern und sie selbstverständlich in die tägliche Arbeit integrieren. Dadurch können wir dazu beitragen, eine inklusivere und zugänglichere digitale Welt zu schaffen, die allen zugutekommt. 

What’s up?

Link kopiert Link kopiert?

Was Sie noch interessieren könnte