21/12/2022

Nachhaltigkeit im Designprozess

Autorin: Emily Eichenlaub

Illustration von einer Glühbirne, Blättern, Weltkugel und Mensch auf grünem Hintergrund

In einer vom Klimawandel und anderen ökologischen Herausforderungen bedrohten Welt ist Nachhaltigkeit zu einem unverzichtbaren Element geworden. Das gilt auch für den Design-Prozess, denn hier entscheidet sich, wie nachhaltig ein Produkt am Ende ist. Unternehmen, Designer*innen und Strateg*innen sind daher in der Verantwortung, neu und anders zu denken — weg von der bloßen Nutzerzentrierung hin zur Planetenzentrierung. Aber wie kann das gelingen?

Nutzerzentrierung allein greift zu kurz

In den letzten Jahren haben viele Unternehmen Design-Methoden wie z. B. Design Thinking in ihre Innovationsprozesse integriert und damit dem Thema Nutzerzentrierung einen breiteren Raum eingeräumt. Während in der Vergangenheit neue Produkte und Services teilweise ohne Einbindung von Nutzer*innen entwickelt wurden und statt iterativer Entwicklungsprozesse häufig starre und langfristige Pläne dominierten, war ein design-orientierter Ansatz, der die Nutzer*innen in den Blick nimmt, für viele Organisationen ein Quantensprung. Die damit einhergehende Kundenorientierung und -zentrierung ist mittlerweile in vielen Märkten eine Voraussetzung, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Angesichts aktueller ökologischer Herausforderungen wie der Klimakrise und zunehmender Ressourcenknappheit sowie der damit einhergehenden Notwendigkeit von nachhaltigen Ansätzen, greift Nutzerzentrierung allein allerdings zu kurz. Denn sie sieht die Menschen nur eingeschränkt in der Rolle der Verwender*innen bzw. der Konsument*innen und blendet wichtige Aspekte wie den ökologischen Impact von Gestaltungsentscheidungen zu oft aus.

Verantwortungen von Designer*innen

Rund 80 % der ökologischen Auswirkungen eines Produkts werden bereits in der Entwurfsphase festgelegt, wie die Statistiken des EU Science Hubs belegen. Dies macht deutlich, welch großen Einfluss Designer*innen auf die Nachhaltigkeit eines Produktes haben. Wenn wir einen Blick auf den Lebenszyklus eines Produktes werfen, stellen wir fest, dass die zentralen Weichen bereits in der frühen Produktentwicklungsphase gestellt werden. Durch ihren weitreichenden Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Endproduktes tragen Designer*innen daher eine große Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Wirtschaft. Ihre Herausforderungen besteht darin, die Bedürfnisse von Nutzern mit weiteren relevanten Ansprüchen der Allgemeinheit und der Natur sinnvoll auszubalancieren.

Von der Nutzerzentrierung zur Planetenzentrierung

Aber wie können solche Ansätze entwickelt und als Chance begriffen werden?
Um sich dem Thema angemessen zu nähern, sollte man einen besonderen Fokus auf die Klimaziele legen. Die Klimaziele, zu denen sich die UN-Generalversammlung für die nächsten neun Jahre verpflichtet haben, sehen neben der Einsparung von Kohlenstoff 17 weitere nachhaltige Entwicklungsziele vor. Um diese zu erreichen, sollten neue digitale Produkte mit einem “planet & human centered approach” entwickelt werden.

Einige Designer*innen und Strateg*innen haben bereits sehr wirksame Frameworks im Kontext der Nachhaltigkeit entwickelt, um die Komplexität zu bewältigen, die mit den gestiegenen Anforderungen in puncto Nachhaltigkeit einhergehen. Diese Frameworks haben je einen unterschiedlichen Fokus und konzentrieren sich auf einen bestimmten Aspekt der Nachhaltigkeit wie zum Beispiel den ökologischen Fußabdruck oder betrachten Nachhaltigkeit aus einem breiteren Blickwinkel, wie zum Beispiel in verschiedenen Bewertungssystemen.

Das Framework “Sustainable Layers of Effect” wird verwendet, um die beabsichtigten und unbeabsichtigten Auswirkungen einer Idee, die erforscht wird, vollständig zu antizipieren. So kann das Team Bereiche identifizieren, in denen es negatives Verhalten reduzieren und positives Verhalten verstärken sollte. Ein weiteres Framework nennt sich “Sustainable Personas”, dort werden Personas (potentielle Nutzer*innen) und deren Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit besonders beleuchtet. Dieses Bild entsteht weniger aus einem Wunschgedanken eines „grünen Users“ heraus, sondern berücksichtigt echte Bedürfnisse. Dadurch lassen sich Fragestellungen für langlebige Innovationen besser entwickeln.
Solch progressive und innovative Methoden unterstützen Designer*innen und Strateg*innen dabei, nachhaltige Entwürfe zu entwickeln.

Nachhaltigkeit als Chance für Unternehmen

Eine stärkere Ausrichtung auf den Planeten ist nicht nur für die Zukunft der Menschheit enorm wichtig, sondern bietet auch neue Chancen für Unternehmen. Mit einer Positionierung können sie sich vom Wettbewerb abheben. Außerdem können dadurch viele neue Mitarbeiter*innen gewonnen werden, da der Stellenwert einer sinnstiftenden und nachhaltigen Betätigung stetig steigt. Darüber hinaus können Unternehmen auf diese Weise neue Geschäftsfelder erschließen, indem sie Nachhaltigkeit als “Business Opportunity“ sehen. Damit kann die Unternehmenskultur in Richtung Zukunftsfähigkeit verändert werden und letztlich kann das Unternehmen zu einer nachhaltigeren Welt beitragen.

Planetenzentrierte Denkweise bei IBM iX

Bei IBM iX arbeiten wir bereits mit einer planeten- und menschenzentrierten Denkweise und haben bereits wichtige Tools und Prozesse etabliert, welche die Umwelt in vielen Projekten und Prozessen mit einbezieht. Dabei handelt es sich um einen systematischen und transparenten Ansatz, der eine breitere Linse für das Design ermöglicht. Mit dieser erweiterten Sichtweise und neuen designorientierten Werkzeugen zur Bewältigung von Nachhaltigkeitsproblemen ermöglichen unsere Frameworks profitable Dienstleistungen und Produkte, die gleichzeitig nachhaltig sind. Durch interaktive Trainings, wie z.B. Sustainable Design Thinking, werden Mitarbeitende für das Thema sensibilisiert und gezielt geschult.
Zu Beginn eines Projektes kann zum Beispiel festgelegt werden, auf welche der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (z.B. Geschlechtergleichheit, Nachhaltiger Konsum und Produktion, Maßnahmen zum Klimaschutz, etc.) man sich während des Projektes fokussieren will. Unterteilt werden diese Ziele in Schutz von Rechten und Fairness sowie Optimierung der Ressourcennutzung und Dekarbonisierung, um sie als Metriken verwenden zu können. Diese Festlegung ermöglicht es, die Absicht des Handelns festzulegen, messbare Ziele zu setzen und langfristig zu planen.

Umdenken macht zukunftsfähig

Die planetenzentrierte Revolution muss stattfinden – und wenn ein Projekt nicht mit Blick auf unseren Planeten konzipiert wird, dann sollte der Zweck des Projekts ohnehin umstritten sein. Dies gilt insbesondere auch für Designer*innen und Strateg*innen, die eine Schlüsselrolle in der Produktentwicklung einnehmen und maßgeblichen Einfluss darauf nehmen, wie nachhaltig ein Produkt am Ende ist. Dieses Umdenken gelingt aber nicht von Heute auf Morgen, vielmehr ist es ein kontinuierlicher Prozess, bei dem wir lernen müssen, mit aktuellen und kommenden Herausforderungen der Umwelt umzugehen. Aber es ist ein Weg, den Mitarbeitende in Unternehmen gehen müssen, denn sie tragen nicht nur eine wirtschaftliche Verantwortung, sondern auch um eine soziale und ökologische.

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