28/09/2023

Mehr Erfolg durch eine gute User Experience: Was B2B von B2C lernen kann

Autor*innen: Denis Wildschütz & Michele Berg

Nützlich, benutzerfreundlich, begehrenswert, auffindbar, zugänglich, glaubwürdig, wertvoll: Diese sieben goldenen Regeln einer guten Experience nutzen B2C-Marken schon lange. Mithilfe des „Honeycomb“-Frameworks können jedoch auch B2B-Unternehmen hervorragende Kundenerlebnisse schaffen und so ihre digitale „Experience“ auf ein neues Level heben. Wir zeigen, wie.

Es ist längst kein Geheimnis mehr: Ein hervorragendes Kundenerlebnis steigert die Zufriedenheit und Loyalität zur Marke, was wiederum mittelbar den Geschäftserfolg fördert. Insbesondere digitale Kundenerlebnisse sind in der dynamischen Unternehmenslandschaft von heute zum Eckpfeiler von Marketing- und Sales-Strategien geworden. Aber: Während Prozesse zunehmend online ablaufen, wird die Kluft zwischen den Erwartungen neuer Kundengenerationen und den tatsächlichen digitalen Angeboten der Unternehmen immer offensichtlicher. Der Handlungsdruck wächst.

Als B2B-Unternehmen von B2C-Erkenntnissen profitieren

Viele B2B-Marketingexperten stellen sich die Frage, ob Erkenntnisse aus dem B2C-Bereich überhaupt für ihre Branche relevant sind. Die klare Antwort lautet: Ja! Auch B2B-Unternehmen sollten nutzerorientierte Strategien verfolgen, um digitale Erlebnisse zu schaffen, die ihre Kund*innen überzeugen. Trotz hoher Komplexität des Portfolios, längerer Lebenszyklen sowie begrenzter interner Ressourcen und zahlreicher Prioritäten: Eine gute User Experience funktioniert und wirkt auch im B2B.

Wenn es um die grundlegenden Faktoren guter Nutzererfahrung geht, gibt es bemerkenswerte Überschneidungen zwischen B2B und B2C. Um diese genauer zu betrachten, hilft das Modell des „User Experience Honeycombs“ – geprägt von Informationsarchitektur-Pionier und Bestseller-Autor Peter Morville. Dieses Modell erklärt die sieben Prinzipien einer guten „User Experience“:

„User Experience Honeycombs“ Modell

Quelle: Peter Morville, Semantic Studios

Die sieben goldenen Regeln einer guten Experience

  1. Nützlich („useful“):

Das Herzstück eines jeden wertvollen digitalen Erlebnisses ist der Nutzen – die Fähigkeit, echte Kundenprobleme effektiv zu lösen. Amazon hat durch personalisierte Empfehlungen im B2C-Bereich nach und nach die Online-Produktsuche erobert. Was viele nicht wissen: Amazon erwirtschaftet mittlerweile drei Viertel seines Gewinns mit dem B2B-Cloud-Dienst „Amazon Web Services (AWS)“.

  1. Benutzerfreundlich („usable“):

Der Kernaufgabe des UX-Designs besteht darin, Nutzer*innen die Arbeit zu erleichtern. Unternehmen wie Apple oder Airbnb haben z.B. durch die Gestaltung intuitiver Nutzeroberflächen ihre Branche revolutioniert. Doch während B2C-User*innen Produkte oft zum Vergnügen nutzen, ist es für B2B-Nutzer*innen in der Regel ein Job: 8 Stunden täglich, 5 Tage die Woche. Die Zeit der User*innen ist kostbar – erfolgreiche Anbieter achten dementsprechend darauf, jede Interaktion wertvoll zu gestalten.

  1. Begehrenswert („desirable“):

B2C-Marken wie adidas wecken mit ihren digitalen Kanälen Emotionen und schaffen auf diese Weise eine tiefe Verbindung zwischen Menschen und Marke. Auch Adobe spricht mit seiner „Creative Cloud“ nicht nur professionelle Bedürfnisse von Designer*innen an, sondern auch ihre kreativen Ambitionen. Hinter jeder B2B-Transaktion stehen Menschen – gelingt es, deren Wünsche und Sehnsüchte erfolgreich zu adressieren, wird diese dadurch bedeutsamer.

  1. Auffindbar („findable“):

Google hat ein ganzes Geschäftsimperium auf der Vision aufgebaut, Informationen und Produkte bestmöglich zugänglich zu machen. Im B2B-Umfeld gibt es hier jedoch noch starken Nachholbedarf: 77 % aller von Gartner befragten Einkäufer*innen gaben an, dass der letzte Einkaufsprozess für sie sehr komplex oder schwierig war. Speziell im B2B-Bereich mit komplexen Produktstrukturen und mehrstufigen Kaufprozessen ist es essenziell, Kund*innen schnell und einfach zu dem für sie relevanten Angebot zu führen. Deshalb arbeitet IBM iX mit seinen langjährigen Kunden wie Doka, Lenzing oder Salzgitter nicht nur daran, wie ein Produktkatalog technisch angebunden wird, sondern auch wie die bestmögliche Nutzererfahrung aussehen kann.

  1. Zugänglich („accessible“):

Führende B2C-Unternehmen wie Microsoft legen großen Wert auf Barrierefreiheit ihrer Produkte und sorgen dafür, dass sie den unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht werden. Auch für B2B-Unternehmen erschließt eine gute „Accessibility“ wertvolle Potenziale: Es werden mehr Menschen erreicht und die vereinfachte Nutzung kommt allen zugute.

  1. Glaubwürdig („credible“):

Vertrauen ist schnell zerstört, aber nur langsam aufgebaut. Unternehmen wie Patagonia oder Ben & Jerry’s schöpfen ihren Wert auch daraus, wie stark sie ihr Markenbild glaubhaft mit einer Verpflichtung zu Transparenz und ethischem Handeln im Sinne einer Corporate Social Responsibility verknüpfen können. Für B2B-Unternehmen ist es genauso wichtig, transparent zu sein und z.B. sensibel mit Kundendaten umzugehen. So hat etwa SAP nicht nur die Potenziale der Nutzung und Verknüpfung von Kundendaten in den Mittelpunkt seiner CX- und CRM-Technologien gestellt, sondern insbesondere auch den verantwortungsvollen Umgang mit Identitäts-, Einwilligungs- und Präferenzdaten. Auch die granulare Steuerung, wer Zugriff auf Geschäftsdaten wie Preise oder Rechnungen hat, gehört hierzu.

  1. Wertvoll („valuable“):

Was für Kund*innen gut ist, muss nicht immer unbedingt auf die Businessziele einzahlen – und umgekehrt. Doch im Idealfall ist es kein Widerspruch, Nutzer*innen glücklich zu machen und gleichzeitig die Rendite zu erhöhen. Ein gutes Beispiel sind moderne Contact-Center-Lösungen: Hier gewährleisten intelligentes Routing und KI-gestützte Self-Services nicht nur kürzere Wartezeiten für Kund*innen, sie erhöhen auch die Produktivität der Call Center Agents. Ebenfalls lassen sich so Lastspitzen besser abfangen, was sich direkt in der Kosteneffizienz widerspiegelt.

So kann die digitale B2B-Experience optimiert werden

Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Was tun? Hier einige Tipps, um die digitale Nutzerfahrung auf das nächste Level zu heben:

  1. Identifizieren der wahren Bedürfnisse: Ob es sich um einen optimierten Beschaffungsprozess oder fortschrittliche Analysen handelt: Um passgenaue Lösungen anzubieten, müssen Kundenprobleme genau unter die Lupe genommen werden.
  2. Einfach halten: Fällt es den User*innen leicht, ihre Aufgaben ohne unnötige Komplikationen zu erledigen? Sprechen Sie die Sprache der Kund*innen statt „Corporate Jargon“? Hier lohnt es sich anzusetzen.
  3. Emotionen wecken: Emotionale Verbindungen zu Kund*innen sind Treiber für Loyalität und Mehrgeschäft. Die Auswirkungen von Lösungen sichtbar zu machen und zu zeigen, wie sie zum persönlichen Erfolg beitragen, sind wichtige Faktoren einer guten User Experience.
  4. Vereinfachte Produktsuche: Investitionen in Suchfunktionalitäten und eine logische Informationsarchitektur helfen User*innen, schnell zu finden, was sie brauchen. Die Suchreise durch das digitale Ökosystem sollte so nahtlos wie möglich gestaltet sein.
  5. Für alle gestalten: Plattformen sollten so aufgebaut sein, dass sie sich an unterschiedliche Nutzer*innen richten. Mithilfe einer inklusiven Umgebung entsteht Barrierefreiheit für alle.
  6. Maßgeschneiderte Lösungen: Investitionen in personalisierte Erfahrungen, die auf die individuellen Bedürfnisse eingehen, steigern die Relevanz. Durch passende Angebote werden die Erwartungen von Kund*innen getroffen (und übertroffen) und fördern so langfristige Kundenbeziehungen.

Die Zukunft der digitalen B2B-Experience meistern

Die Parallelen zwischen B2C- und B2B-Nutzererlebnissen sind unbestreitbar. Mit den Prinzipien des „User Experience Honeycombs“ können digitale Interaktionen in sinnvolle Beziehungen verwandelt werden. Dadurch entstehen digitale Ökosysteme, in denen Kund*innen genauso einfach mit Lieferanten interagieren können wie mit den privaten Apps auf ihrem Smartphone. Denn Kund*innen sind mehr als nur eine CRM-ID oder eine Transaktion – sie sind Partner auf einer gemeinsamen Reise zum Geschäftserfolg.

 


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