15/11/2023

KI in der Gesundheitsbranche: 6 Kriterien für den Erfolg

Autor: Ingo Werren

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen verspricht großes Potenzial, vor allem auch, weil sich enorme Datenmengen damit schnell verarbeiten lassen. Allerdings ergeben sich im Gesundheits­bereich auch spezifische Herausforderungen. Was sind die Besonderheiten der Branche und worauf ist in KI-Projekten im Gesundheitsbereich zu achten?

Unterschiedliche Needs erkennen und mitdenken 

Bei KI-gestützten Lösungen werden, wie bei vielen anderen digitalen Projekten, die unterschiedlichen Needs der Stakeholder oft nicht erkannt und auch nicht ausreichend mitgedacht.  

Häufig stehen stattdessen nur die offensichtlichen Nutzer*innen der Service im Fokus, doch selbst diese werden viel zu selten in die Entwicklung bzw. Implementierung mit eingebunden. Besonders Ärzt*innen, die die Lösungen dann nutzen sollen, sind damit unzufrieden. Selbst wenn Projekte mit dem Anspruch beginnen, einen „nutzerzentrierten Service“ zu entwickeln, werden die dafür notwendige Research und erforderlichen Tests oft als erstes aus dem Projektplan gestrichen.  

Durch solche Versäumnisse können viele Aspekte im Dunkeln bleiben, die für das Design eines erfolgreichen KI-gestützten Service eigentlich relevant sind:  

  • Wie ist die Health- und Digital Literacy der direkten sowie indirekten Nutzer*innen und Stakeholder*innen? 
  • Wie weit ist die Digitalisierung des Unternehmens/der Klinik, in dem/der das Tool eingesetzt werden soll? Oft verlaufen viele Prozesse hier noch analog und ein KI-gestützter Service benötigt Zugriff auf digitale Daten. Deshalb kann er entweder nicht oder nicht in vollem Funktionsumfang eingesetzt werden.  
  • Mit welchen Kapazitäten und Fähigkeiten ist die IT-Abteilung ausgestattet? 
  • Welche Ängste gibt es ggf. gegenüber einem KI-gestützten Service? 

 Die Anzahl der Stakeholder übersteigt offensichtlich die der direkten Nutzer*innen. Oft wird vernachlässigt, dass der Service alle im Prozess involvierten Personen mit ihren Needs von der Anschaffung bis zur Implementierung oder zum Betrieb abholen sollte. Nicht jede Erkenntnis aus anderen Projekten ist hierbei direkt übertragbar. So sind etwa Ausrichtung, Ausstattung, Belegschaft und Patient*innen in verschiedenen Krankenhäusern oft sehr unterschiedlich. Auch dies ist im Designaufbau des Service mitzudenken. 

Die Digital Literacy einbeziehen 

Wie wichtig es ist, die Digital Literacy mitzudenken, wurde bereits erwähnt. In diesem Zusammenhang sollten zukünftige Nutzer*innen rechtzeitig und kontinuierlich in die Arbeitsprozesse bei der Gestaltung, aber vor allen Dingen in die Einführung solcher Systeme eingebunden werden. Wie Studien der „Plattform lernende Systeme“ gezeigt haben, sind viele Professionals besorgt, dass sie nicht ausreichend eingebunden werden. Zugleich sorgen sie sich in Bezug auf ihre KI-Kompetenzen. Dies kann auch auf den medizinischen Bereich übertragen werden. Derzeit thematisieren beispielsweise Curricula der Arztausbildung das Thema KI noch nicht ausreichend. Insofern herrscht hier im Bildungsbereich Nachholbedarf. 

Es ist darüber hinaus nicht nur entscheidend, die Digital- und Health Literacy von Ärzt*innen zu kennen, sondern auch die der Patient*innen. Diese nutzen vielleicht die Tools nicht selbst. Sie werden jedoch zukünftig immer mehr mit den Ergebnissen und Entscheidungen solcher Systeme konfrontiert und benötigen daher auch entsprechende Kompetenzen.  Zum Teil kann all dies bereits beim Design der Lösungen mitgedacht und vermittelt werden.  

Strategy first – KI-Service second 

Allzu oft werden KI-Projekte gestartet, ohne dass das Unternehmen oder die Klinik eine KI-Strategie entwickelt hat. Die Erarbeitung einer solchen Strategie sollte aber unbedingt vor dem Start jedes KI-Projektes stehen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es sich dabei nicht um eine kurzfristige Angelegenheit handelt, sondern im Gegenteil damit der Grundstein für eine langfristige Planung gelegt wird. 

Darüber hinaus entwickeln sich KI-Services kontinuierlich weiter. Deren Betrieb und Support umfasst weit mehr als nur das Einspielen von Softwareupdates und Security-Fixes. Im Idealfall lernen die Systeme beständig weiter und verändern auch den Arbeitsalltag der Anwender*innen sowie weiterer involvierter Stakeholder*innen. Diese Aspekte sollten in der KI-Strategie mitgedacht werden.  

Den Mehrwert von KI-unterstützten Systemen erkennen 

Das Designen, Entwickeln und Integrieren eines KI-Services in einem Gesundheitsunternehmen kann viele ungeahnte Effekte mit sich bringen. Diese haben eventuell nichts oder wenig mit dem eigentlichen Projektziel zu tun, aber oft sind die Veränderungen durch einen plötzlichen Digitalisierungsschub im Rahmen eines KI-Projektes größer als die Veränderung durch den KI-Service selbst. Da KI-Services viele Daten benötigen und generieren, werden in diesem Rahmen oft zuvor unzugängliche Daten- und Wissenssilos überhaupt erst zugänglich gemacht. Plötzlich einfachen Zugang zu diesen Informationen zu haben, erweist sich für Mitarbeitende oft als noch wertvoller als das, was die KI dann mit diesen Daten macht.  

Die oft beschworenen dunklen Szenarien, in denen Künstliche Intelligenz den Menschen Jobs wegnehmen wird, gelten gerade im Gesundheitswesen als eher unwahrscheinlich. Allein schon der Mangel an Fachkräften spricht dagegen. Die meisten KI-Systeme im Gesundheitsbereich sind darüber hinaus eher als Kollaborations- und Unterstützungsservice für Menschen gestaltet. Jüngere Ärzt*innen können durch KI-Services und mit ihnen ihre Handlungsbereiche und ihr Wissen erweitern. Erfahrenere Ärzt*innen werden wiederum durch KI-Services entlastet und ebenfalls bei der Wissenserweiterung unterstützt.

Sehr wichtig ist, beim Design dieser Services darauf zu achten, dass die User Experience ansprechend und die Nutzung einfach ist. Denn wird der Alltag durch einen Service aufwändiger und komplizierter als sonst, verliert der Service schnell seine potenziellen Nutzer*innen.  

Den Business-Case nicht vergessen 

Eigentlich nimmt man an, dass jedem Projekt ein Businessplan und ein Business-Case zugrundeliegen, die umzusetzen sind. In der Realität ergeben sich aber Grauzonen. So gibt es vielleicht übergeordnete Businessziele, die dann aber nicht auf das Projekt übertragen werden. Manchmal sind sie dem Team nicht einmal bekannt oder im Projekt wird verpasst, sie konkret auf den Service und seine Funktionen herunterzubrechen. 

Das heißt, es kann es beim Design und der Umsetzung einer KI-Lösung im Gesundheitswesen vorkommen, dass wichtige Business-Aspekte übergangen werden. Oft wird auch übersehen, wofür es staatliche oder private Kostenerstattungen gibt. Es ist daher wichtig, sich zu fragen: Passt der geplante KI-Service in ein Erstattungssystem? Und reichen die Erstattungen dann auch für die entstehenden Kosten?  

Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass manche Machine-Learning-Modelle und KI-Services einen Dual-Use haben können. Sie lassen sich eventuell nicht nur in einer Behandlung einsetzen, sondern unterstützen auch die Prävention. So etwas kann den Business-Case und die Projektdimensionen schnell verändern. Allerdings gibt es im deutschen Gesundheitssystem leider oft keine Erstattungen durch die Krankenkassen für Präventionsleistungen. 

Die geltenden Regulierungen im Blick behalten 

Regulierungen sind ein zweischneidiges Schwert. Im Gesundheitswesen ist eine Vielzahl von Regelungen zu berücksichtigen und speziell die EU sowie Deutschland bauen oft hohe regulatorische Hürden auf.  

Die KI-Regularien der EU können beispielsweise für Innovationen durchaus problematisch sein und werden daher kontrovers diskutiert. Solche Regulierungen können Unternehmen davon abhalten, sich mit ihren Angeboten auf den europäischen und deutschen Markt zu wagen.  

Strenge Regeln helfen aber auch, Vertrauen zu erzeugen. Ebenfalls als vertrauensbildend gelten klinische Studien. Beides kann dazu beitragen, ein höheres Vertrauen in Künstliche Intelligenz zu schaffen. Nicht zuletzt ist das Vertrauen der zu Recht sehr skeptischen Zielgruppen im Gesundheitswesen ein wertvolles Gut.  

KI in der Gesundheitsbranche optimal einsetzen

Trotz möglicher Hürden bei der Digitalisierung und der Implementierung von KI-Projekten verspricht Künstliche Intelligenz viele entscheidende Vorteile. Deshalb lohnt es sich, gemeinsam mit Expert*innen dieses Thema von der Planung bis zur Umsetzung anzugehen. So kann gemeinsam eine erfolgreiche KI-Strategie geschaffen werden, die bei der täglichen Arbeit unterstützt. Das hört sich gut an? Dann zögere nicht, uns zu kontaktieren.

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