07/07/2025

Digitalisierung & Prävention: Neue Wege für die Gesundheitsvorsorge

Autor*innen: Jacqueline Payer & Vivian Marie Legner

Die größten Gesundheitskosten entstehen dort, wo wir zu spät handeln. Viele chronische Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes oder Krebs ließen sich durch gezielte, frühzeitige Prävention vermeiden. Sie ist deshalb mehr als ein "Nice-to-have". Sie ist unser stärkstes Werkzeug für ein zukunftsfähiges, leistungsfähiges Gesundheitssystem. Doch wie können wir die Chancen digitaler Technologien, smarter Datenanalyse und vernetzter Zusammenarbeit nutzen, um Prävention endlich ins Zentrum der Versorgung zu rücken?

Was uns ausbremst: Die größten Herausforderungen der Prävention

Obwohl Prävention enormes Potenzial für Gesundheit und Kosteneffizienz birgt, scheitert sie im Alltag oft an strukturellen und technologischen Hürden:

  1. Datenschutz, Datenfragmentierung und fehlende Infrastrukturen:
    Digitale Prävention braucht Daten – doch genau daran hapert es oft. In Deutschland gibt es eine umfangreiche Registerlandschaft mit über 600 Registern, die jedoch unterfinanziert und unvollständig oder inkompatibel sind. Bessere Dateninfrastrukturen sind daher unerlässlich, um evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.
  2. Doppelarbeit statt Schulterschluss:
    Mit 94 Krankenkassen, die oft parallel ähnliche Programme entwickeln, wird wertvolle Energie vergeudet. Statt in einen Wettbewerb zu gehen, braucht es gezielte Zusammenarbeit – mit Fokus auf Qualität, Nachhaltigkeit und messbarer Wirkung.
  3. Fehlanreize im Vergütungssystem:
    Das Vergütungssystem für Ärzt*innen honoriert vor allem die Behandlung, nicht die Vermeidung von Krankheiten. Solange Prävention strukturell benachteiligt wird, bleibt sie ein Randthema.
  4. Mangelnde Gesundheitskompetenz:
    Über weisen eine geringe Gesundheitskompetenz auf. Investitionen in Gesundheitsbildung und -information sind essenziell, um die Akzeptanz und Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen zu erhöhen.

Was uns voranbringt: Chancen für ein gesundes Morgen

Wer Prävention ganzheitlich denkt und digitale Potenziale nutzt, kann Gesundheit neu gestalten – effektiver, nachhaltiger und näher am Menschen:

  1. Digitale Tools für mehr Reichweite
    Von Wearables über Gesundheits-Apps bis hin zu KI-gestützten Präventionsassistenten – digitale Technologien bieten enorme Chancen, um Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen, individuelle Maßnahmen abzuleiten und Prävention nahtlos in den Alltag zu integrieren. Auch Plattformen wie TikTok oder Chatbots wie ChatGPT leisten bereits heute einen Beitrag zur niedrigschwelligen Gesundheitsaufklärung – insbesondere bei jungen Zielgruppen. So kann digitale Prävention dort ansetzen, wo Menschen leben, kommunizieren und entscheiden.
  2. KI & Datenanalyse für Personalisierung
    Ein innovatives Beispiel für digitale Prävention ist das Projekt TheraKey von Berlin-Chemie, entwickelt mit IBM iX. Die Plattform bietet Patient*innen, Ärzt*innen und Angehörigen wissenschaftlich fundierte, personalisierte Informationen zur Therapie und unterstützt aktiv bei der Krankheitsbewältigung. Der integrierte KI-Chatbot ISA liefert auf Basis validierter Daten individuelle Antworten auf Fragen zu chronischen Erkrankungen wie COPD oder Asthma – und zeigt, wie moderne Technologie Prävention und Begleitung wirksam verbinden kann.Perspektivisch könnten solche digitalen Helfer sogar direkt in die elektronische Patientenakte (ePA) eingebunden werden – etwa um komplexe medizinische Informationen verständlich aufzubereiten oder passgenaue Empfehlungen auf Basis individueller Gesundheitsdaten zu liefern.Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz lassen sich Gesundheitsdaten analysieren, Risikogruppen identifizieren und gezielte Empfehlungen aussprechen. Ein Kalender-Assistent für chronisch Erkrankte oder Apps zur Bewegungsförderung bei jungen Menschen zeigen: Prävention kann smart, einfach und effektiv sein.
  3. Interdisziplinäre Zusammenarbeit
    Wenn Mediziner*innen, Psycholog*innen, Sozialwissenschaftler*innen und Tech-Expert*innen gemeinsam denken, entstehen ganzheitliche, skalierbare Präventionslösungen – individuell und strukturell zugleich. Denn nur im Zusammenspiel unterschiedlicher Perspektiven lassen sich die komplexen Ursachen von Krankheit verstehen und gezielt adressieren. So wird Prävention nicht zur Einzelleistung, sondern zum integrierten Teil eines zukunftsfähigen Gesundheitssystems.
  4. Zielgruppengerechte Lösungen
    Ob für Pflegekräfte im Schichtdienst, Jugendliche oder Büroangestellte – Prävention muss zur Lebensrealität passen. Das gelingt durch einfache, personalisierte Formate, die sich nahtlos in den Alltag integrieren lassen. Für Pflegekräfte im Schichtdienst eignen sich beispielsweise kurze, flexibel abrufbare Mikro-Lernvideos zu Themen wie Entspannung oder Ernährung, die bequem in Pausen per Smartphone angeschaut werden können.
    Ergänzend helfen Apps mit individuellen Erinnerungen an Bewegungspausen oder Schlafhygiene dabei, trotz wechselnder Arbeitszeiten gesund zu bleiben.Jugendliche lassen sich durch gamifizierte Apps motivieren, die spielerisch zu mehr Bewegung oder gesunder Ernährung anregen – unterstützt durch Social-Media-Challenges oder Influencer-Kampagnen, die Prävention attraktiv und zeitgemäß machen.Für Büroangestellte bieten sich digitale Workouts oder Achtsamkeitsübungen an, die per Reminder im Büroalltag oder Homeoffice integriert werden können. Tools zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung sowie virtuelle Gruppensitzungen fördern gesunde Routinen und stärken gleichzeitig den Teamgeist.
  5. Zugang zu verlässlichen Gesundheitsinformationen
    Gerade in einer Welt voller widersprüchlicher Informationen ist es entscheidend, dass alle Menschen – unabhängig von Bildung oder Herkunft – Zugang zu verständlichen, geprüften Gesundheitsinhalten haben. Nur so entsteht die Grundlage für informierte Entscheidungen, Eigenverantwortung und eine Präventionskultur, die alle mitnimmt.
  6. Beteiligung von Patient*innen
    Prävention funktioniert nicht über die Köpfe der Menschen hinweg – sondern nur mit ihnen. Wenn Nutzer*innen frühzeitig in die Entwicklung digitaler Präventionsangebote, gesundheitsfördernder Programme und patientenzentrierter Versorgungsmodelle eingebunden werden, erhöht das nicht nur die Identifikation mit der Lösung, sondern auch deren Alltagstauglichkeit und Wirksamkeit. Beteiligung kann etwa durch Feedbackschleifen, Co-Creation-Workshops oder Pilotprojekte erfolgen. So entstehen Angebote, die echte Relevanz haben, Vertrauen schaffen – und dadurch langfristig höhere Akzeptanz schaffen und nachhaltigen Erfolg sichern.

Fazit: Prävention jetzt ins Zentrum rücken – digital, wirksam und menschzentriert

Die Gesundheitsvorsorge steht vor einem Wendepunkt: Digitale Technologien und ein stärkerer Fokus auf den Menschen eröffnen neue Chancen, Prävention effektiver und nachhaltiger zu gestalten. Mit einer klaren Strategie und der intelligenten Nutzung digitaler Technologien lassen sich die Potenziale der Prävention gezielt heben. Entscheidend sind dabei Vertrauenswürdigkeit, zielgruppengerechte Ansprache, interdisziplinäre Zusammenarbeit, Personalisierung und echte Patientenbeteiligung. Werden diese Aspekte digital unterstützt umgesetzt, steigen Wirksamkeit und Akzeptanz von Präventionsmaßnahmen – und unser Beitrag zu einem gesünderen, nachhaltigen und wirtschaftlich stabilen Gesundheitssystem wird größer.

Prävention ist dabei kein kurzlebiger Trend, sondern der zentrale Hebel für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem. Nur mit einem verstärkten Fokus auf Vorsorge können wir chronischen Erkrankungen wirksam vorbeugen, die Gesundheit der Bevölkerung stärken und langfristig Kosten reduzieren. Entscheidend ist, die Bedürfnisse der Nutzer*innen zu verstehen und Präventionsmaßnahmen so zu gestalten, dass sie einfach, relevant und alltagsnah sind – digital unterstützt und erlebbar.

Mit IBM iX Prävention neu denken

Als IBM iX arbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnern daran, genau das zu ermöglichen: Wir entwickeln nutzerzentrierte, digitale Angebote, die Prävention in der Versorgung sichtbarer und wirkungsvoller machen – von Aufklärung bis zur digitalen Therapiebegleitung. So schaffen wir Lösungen, die technologische Innovation mit echter Gesundheitswirkung verbinden.

Die im Text dargestellten Perspektiven und Ansätze entstanden im Rahmen des Healthcare Experience Meetups, bei dem Expert*innen aus Medizin, Forschung, Design und Technologie gemeinsam über die Zukunft der Prävention im Gesundheitswesen diskutierten.

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